Kunstradfahrenbericht von Wilfried Schwarz  

Hallenrad-WM 2007 in Winterthur (Schweiz)

Ein fantastisches Finale bekamen die 3.500 Zuschauer in der Eulachalle im schweizerischen Winterthur bei der Hallenrad-WM in Winterthur zu sehen. Der Ailinger Michel Brugger der zum ersten Mal an einer WM teilnahm holte mit einer guten Leistung das erhoffte WM-Gold. Mit dabei aus der Bodensee-Region auch der 4er Kunstrad des RMSV Aach mit Manuela Dieterle, Katja Gaißer, Ines Rudolf und Simone Rudolf. Die vier Aacherinnen erkämpften sich das Regenbogentrikot und wurden mit 356,23 erstmals Weltmeister.

Es war der Wettkampf des Jahres – nein es war Kunstradsportgeschichte, die im Einer der Männer in Winterthur geschrieben wurde. Und alle Beteiligten waren am Ende zufrieden: Robin Hartmann, der endlich den lang ersehnten Weltmeistertitel gewann, David Schnabel der mit persönliche Bestleitung Vize-Weltmeister wurde und WM-Neuling Michael Brugger, der glücklich über seine Bronzemedaille war.

Die Vergabe der WM-Medaillen wird nur unter den deutschen Teilnehmern ausgemacht, dass war vorher klar. Milan Krivanek aus Tschechien fuhr mit einer soliden Leistung als vierter in das „Final 4“. Einen Auftakt nach Maß erwischte Michael Brugger im Vorwettkampf. Er präsentierte sich bei seiner Premiere auf dem WM-Parkett in ausgezeichneter Form. Vor der WM hatte er den Drehsprung, der ihm in der Saison manchmal etwas Probleme bereitete, entschärft. Das zahlte sich jetzt aus, denn mit der mentalen Sicherheit im Kopf, dass alles in seiner Kür funktioniert, agierte er sicher und präsentierte sich mit 341,19 Punkten in Bestform.

Nun sollte es im Vorwettkampf zum Zweikampf zwischen Titelverteidiger Schnabel und Herausforderer Hartmann kommen. Während Robin Hartmann seine in dieser Saison bereits deutlich unter Beweis gestellte Nervenstärke zeigte und mit einer traumhaften Sicherheit seine Kür präsentierte,  patzte der Weltmeister. Der Mautsprung ging beim ersten Mal daneben, klappte aber in der Wiederholung. Und auch beim Drehsprung  musste David Schnabel unfreiwillig das Kunstrad verlassen. Schließlich erhielt er für seinen Vortrag 340,18 Punkte und musste  Michael Brugger an sich vorbei ziehen lassen.

Im Finale machte der Tscheche Milan Krivanek den Auftakt in der Eulachhalle. Wiederum fuhr er seine Kür sauber und sicher durch. Doch die fehlende Schwierigkeitspunktzahl verhindert, dass er ernsthaft in den Kampf der Medaillen eingreifen kann. Für ihn blieb somit nur der vierte Platz.

Die Entschlossenheit war David Schnabel anzusehen, als er schon als zweiter der vier Finalisten die Arena betrat. Er war entschlossen, seinen Weltmeistertitel zu verteidigen. Und so agierte er dann auch auf der Fläche, spulte eine Übung nach der anderen ab. Der Mautesprung gelang mit nahezu traumhafter Sicherheit, obwohl David ihn so spät sprang, dass er nach der Landung auf den Lenkergriffen mit dem Vorderrad leicht aus der Fläche fuhr. „Eigentlich hätte ich ihn an der Stelle gar nicht mehr springen dürften“, analysiert er nach dem Wettkampf. „Doch es hat ja noch gereicht, nur die Welle beim Herausfahren konnte ich nicht mehr verhindern, sonst hätte ich einen Sturz riskiert.“

Das war dann auch schon die einzig erkennbare Unsicherheit im Vortrag des Titelverteidigers. Nach sechs Minuten stand schließlich ein deutlich entspannter David Schnabel in der Mitte der Fahrfläche und nahm den Jubel der  Zuschauer für seine Traumkür entgegen. Der heiße Tanz um den WM-Titel war eröffnet und David Schnabel hatte mit einer persönlichen Bestleistung von 346,97 Punkten alles gegeben und ein Resultat vorgelegt, das einem Weltmeister würde sein würde.

Michael Bruggers Finalauftritt stand an. Als er nach David Schnabel startete, war schon klar, dass er diesen diesmal nicht schlagen würde, da David bereits mehr ausgefahren hatte, als Michael aufstellte. Doch Michael Brugger präsentierte sich wieder in Topform und zeigte allen, dass er zurecht in dieses WM-Finale gehörte. Gegenüber dem Vorwettkampf steigerte er sich noch mal und kam auf 342,81 Zähler. Riesig der Applaus und Trainer und Vater Hermann Brugger nahm seinen Sohn Freude strahlend am Fahrflächenrand überglücklich in die Arme. „Zwei  sehr gute Vorträge sind mir gelungen“ so Michael Brugger „An der WM fast persönliche Bestleistung zu fahren, das ist Wahnsinn und dann noch Bronze. Für mich war bisher schon die Teilnahme an der WM ein Erfolg.“ Für ihn schloss sich mit seiner WM-Teilnahem in Winterthur ein Kreis. Genau vor zehn Jahren war er erstmals auf einer Weltmeisterschaft. Es war in Winterthur 1997 und Michael war Zuschauer. Jetzt ist er wieder auf der WM, wieder in Winterthur aber diesmal als Bronzemedaillengewinnen.

Robin Hartmann (Nufringen) kannte das Ergebnis von Schnabel, als er zu seiner Kür ansetzte. Aber er hatte im Vorwettkampf die 347er Punktemarke ja bereits geknackt. Dieses musste er nun wiederholen, um sich den Titel zu holen. Und es sah gut aus für den Nufringer. Auch bei ihm konnten die Kommissäre nicht wirklich Fehler erkennen, die es abzuwerten galt. Doch dann die Schrecksekunde beim Drehsprung. Nach zwei Sprungrunden brach Robin Hartmann den Drehsprung ab. Ein leichtes Raunen ging durch das fachkundige Publikum. Doch sofort entschied er sich, den Drehsprung erneut anzusetzen. Und diesmal gelang er – fünf Drehungen, ohne Probleme. Allerdings kostete diese Wiederholung Zeit. Nun war die Aufgabe für Robin Hartmann doppelt schwer. Er musste nicht nur seine Kür weiterhin fehlerfrei präsentieren, er musste zudem auch etwas Tempo machen, um die verlorenen Sekunden aufzuholen.

Doch seine bereits in dieser Saison mehrfach gezeigte Nervenstärke brachte ihm auch jetzt den Erfolg. Absolut sicher zelebrierte er Übung um Übung. Als er auf die Sekunde genau bei sechs Minuten die letzte Drehung seiner Schluss-Pirouette beendet hatte stieg er fast wie in Zeitlupe vom Kunstrad. Der frenetische Jubel der Zuschauer schwappte ihm entgegen. Ein Blick auf die Anzeigetafel ließ ihn hoffen, denn dort wurden 347,25 Punkte angezeigt. Und wenige Sekunden später wurde aus der Hoffnung gigantische Freude. „Platz  l“ stand da und die Freude kannte keine Grenzen mehr. Seine Mitkonkurrenten David Schnabel und Michael Brugger kamen auf die Fläche und waren die ersten Gratulanten. Der so lang ersehnte WM-Titel war endlich wahr geworden. Und es gab wohl keinen in der Eulachhalle, der dem sympathischen Nufringen diesen Titel nicht gegönnt hätte.